Der Einsatz von Fremdpersonal ist in vielen Unternehmen üblich, auch im Mittelstand. Ob es sich beim Fremdpersonal um eine (verdeckte) Arbeitnehmerüberlassung handeln könnte wurde bisher von den meisten Unternehmen nur selten geprüft. Es gab hierzu auch keinen Grund: Solange das überlassende Unternehmen über eine entsprechende Lizenz verfügte, war es in Bezug auf eine strafbare illegale Arbeitnehmerüberlassung auf der sicheren Seite. Das ändert sich seit dem 1. April 2017.

Sollte doch einmal ein Mitarbeiter, der auf Dienst- oder Werkvertragsbasis beschäftigt war voll in die Unternehmensabläufe integriert sein, handelte es sich bisher zwar arbeitsrechtlich um einen Fall von Arbeitnehmerüberlassung (das die Verträge als Dienst- oder Werkverträge bezeichnet wurden interessierte in der Regel weder Behörden noch Gerichte). Dennoch war es keine illegale Arbeitnehmerüberlassung, solange beim Dienstleistungsunternehmen eine Lizenz vorlag, da das Vertragsverhältnis einfach in eine Arbeitnehmerüberlassung umgewidmet werden konnte. Die Rechtsfolgen dieser – dann verdeckten – Arbeitnehmerüberlassung waren überschaubar. Die wirtschaftlichen Folgen können jedoch gravierend sein, da es zu erheblichen Nachzahlungen von Sozialabgaben und Steuern kommen kann. Seit dem 1. April 2017 gilt dieses „Fangnetzt“ jedoch nicht mehr und es kommen neben den wirtschaftlichen Folgen nun noch weitere rechtliche Konsequenzen auf die Unternehmen und deren Organe zu. Die Unternehmen müssen sich nun im Vorfeld festlegen, ob es sich um eine Arbeitnehmerüberlassung handelt, oder nicht. Wenn sich ein Dienst- oder Werkvertrag dann im nachhinein doch als arbeitsrechtliche Arbeitnehmerüberlassung herausstellen sollte „rettet“ die Lizenz nicht mehr, da das Unternehmen den Vertragstyp von Beginn an festlegen muss. Es drohen Bußgelder in Höhe von bis zu EUR. 30.000 je Einzelfall. Bei mehreren hundert Fällen können so schnell Millionenschäden entstehen. Hinzu kommen dann – und daran hat sich nichts geändert – noch die ohnehin erforderlichen Nachzahlungen von Sozialabgaben und Steuern.

Die Folgen für den Unternehmer sind teilweise dramatisch

Welche gravierenden Folgen sich aus Sozial- und Steuerrechtlichen Verstößen für Unternehmen ergeben können, wird am Fall des Reutlinger Unternehmers Thomas Betz und der Unternehmensgruppe Willi Betz deutlich. Der Logistikunternehmer, der zu den führenden Spediteuren Europas zählt, beschäftigte über Jahre hinweg systematisch Mitarbeiter, ohne ordnungsgemäß Sozialabgaben abzuführen. Die Folge für das Unternehmen: Bußgelder in Höhe von ca. EUR. 15 Mio. als Ausgleich für den entstandenen wirtschaftlichen Vorteil, Sozialversicherungs- und Steuernachzahlungen in Höhe von ca. EUR. 20 Mio.. Für den Unternehmer persönlich und seine Mitangeklagten Helfer: 5 Jahre Freiheitsstrafe ohne Bewährung sowie EUR. 2,1 Mio. Geldstrafe für den Unternehmer Thomas Betz und 1 bzw. 1,5 Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung für die zwei Mitangeklagten Mitarbeiter der Betz-Gruppe.

Ein tragfähiges und konsequent umgesetztes Compliance-System ist erforderlich

Vor diesem Hintergrund der Verschärfung des AÜG kann den Unternehmen, die Fremdpersonal einsetzen, nur dringend empfohlen werden, ihre Vertrags- und Einsatzpraxis zu überprüfen und ein tragfähiges Compliance-System zu implementieren. Dies gilt erst recht, wenn das vermittelte Fremdpersonal vom beauftragten Unternehmen als Freelancer geführt wird. In diesen Fällen bleibt es nicht nur beim Risiko illegaler Arbeitnehmerüberlassung, hinzu kommt noch das komplette Scheinselbständigkeitsrisiko des vermeintlichen Freelancers. Es bietet also keinen Schutz, wenn beispielsweise der erwähnte IT-Experte beim IT-Dienstleister nicht als Arbeitnehmer geführt wird, sondern mit diesem einen Vertrag über eine (vermeintlich) selbständige Tätigkeit geschlossen hat. Im Gegenteil: Sollte in einem solchen Fall der vermeintlich freie Mitarbeiter als scheinselbständiger Arbeitnehmer qualifiziert werden, wird der illegale Fremdpersonaleinsatz für den Auftraggeber erst richtig teuer.
Wenn Fremdpersonaleinsatz im Unternehmen vorkommt, ist es daher seit dem 1. April 2017 noch wichtiger geworden, diesen rechtssicher zu gestallten. Wenn hier seitens des Unternehmens nicht sauber gearbeitet wird, Compliance-Systeme nur halbherzig umgesetzt werden oder Anzeichen für eine „Verschleierungstaktik“ existieren, droht beim Unternehmensverkauf spätestens in der Due Diligence ein böses Erwachen. Dies kann nicht selten zum Abbruch der Transaktion führen, da die Risiken für den Erwerber unüberschaubar sind. Unternehmer bzw. Unternehmen, die Freiberufler in ihrem Unternehmen einsetzen und einen Unternehmensverkauf in Angriff nehmen wollen, sollten daher auch in dieser Richtung professionell agieren. Sonst ist das Unternehmen faktisch unverkäuflich.

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Ansgar M. Nagel ist erfolgreicher Investor und Unternehmerberater.
Als Unternehmerberater engagiert er sich als Partner von Unternehmern und Unternehmen bei der erfolgreichen Umsetzung von Unternehmensverkäufen. Darüber hinaus begleitet er bei Optimierungen im Bereich Führung, Vertrieb, und Ökonomie.
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